Gruppe GegenSatz Marburg - Analyse & Kritik

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Buchvorstellung und Diskussion:

„Demokratie, die perfekte Form bürgerlicher Herrschaft“

Referent: Ein Redakteur der Zeitschrift GegenStandpunkt

Freie Wahlen werden amtlich als Kernstück der Demokratie geschätzt. In der Demokratie, heißt es, wird nicht einfach regiert – das Volk erteilt per Abstimmung den Auftrag zur Wahrnehmung der Staatsgeschäfte.

Weniger amtlich betrachten Politiker wie Wähler diese Veranstaltung ohne solche Ehrerbietung. Demokratische Politiker nehmen Wahlen nüchtern als Bedingung und Gelegenheit, auf Kosten der Konkurrenten an die Macht zu gelangen. Und mündige Bürger haben Wahlen längst als Schwindel durchschaut. Wählen gehen sie selbstbewusst ohne Illusionen, damit etwas zu „bewirken“ oder zu „verändern“.

Sowohl die hohe Meinung über die hehren Grundsätze demokratischer Machtausübung wie auch das abschätzige Urteil über die praktische Betätigung des Volkswillens übergehen allerdings, was das Institut der freien Wahlen tatsächlich leistet: Mit den Wahlkreuzen legitimiert sich immerhin eine Herrschaft, die sich auf ihre Unabhängigkeit von ihrer Basis – vom „Druck der Straße“ – viel zugute hält und von ihrer Freiheit regen Gebrauch macht. Und auch wenn es aufgeklärten Zeitgenossen „letztlich doch egal“ ist, von wem sie regiert werden; egal sollte es ihnen nicht sein, dass sie von ihrer demokratisch gewählten Herrschaft alle Lebensbedingungen serviert bekommen, mit denen sie praktisch zurechtkommen müssen.

Wann: Mittwoch, 24. April um 19.00 Uhr
Wo: Marburg, Seminargebäude in Raum 305 (+3/0050), Pilgrimstein 12

Diskussionsveranstaltung

mit einem Redakteur der Politischen Vierteljahreszeitschrift GegenStandpunkt im Rahmen der Marxistischen Einführungswoche

Der Ruf nach Frieden ist verkehrt!

Jetzt doch irgendwann:
Europäische Soldaten für Kiew?
(Auszug aus dem Editoral des Gegenstandpunkt 1-24)

Der deutsche Bundeskanzler begründet seine Absage an die Lieferung von Taurus-Raketen an die Ukraine: Deren zweckmäßiger Einsatz wäre ohne Mitwirkung deutscher Soldaten vor Ort nicht zu machen; das käme einer Verwicklung direkter Art in den Ukraine-Krieg gleich; die will er vermeiden. Die menschlichen Opfer und fälligen Verwüstungen sollen weiterhin ausgelagert bleiben. Damit erntet er die Kritik: Wieder einmal zögert der Kanzler das Notwendige, das zur Verteidigung der Ukraine und Europas Überfällige in unverantwortlicher Weise hinaus – bis es dann doch, aber mal wieder zu spät, gemacht wird. Vorauseilend stricken die notorischen Friedensfreunde von der FDP, den Grünen und den C-Parteien an einer neuen Dolchstoßlegende; mit der Ukraine und der Weltordnung in der Rolle des Opfers.

Für den französischen Präsidenten folgt aus dem für den Westen unbe­friedigenden Fortgang des großen antirussischen Freiheitskampfes: Der Einsatz eigener, von europäischen Ukraine-Freunden mobilisierter Bo­dentruppen darf nicht ausgeschlossen werden. Diese Konsequenz lehnen führende Repräsentanten der regierenden Koalition und der C-Oppositi­on strikt ab (nicht so strikt die notorische Mutter Courage von der FDP). So weit reicht der bundesdeutsche Konsens, wenigstens offiziell, also noch: Waffen, mit denen ukrainische Soldaten russische Kräfte auch weit hinter der Front effektiv ausschalten können – jede Menge, jederzeit, un­bedingt. Aber das mörderische Kriegselend dürfen weiterhin die Frei­heitshelden ukrainischer Nationalität übernehmen. Also doch nicht, so wie von Macron angemahnt, alles dafür, dass Russland den Krieg ver­liert? Oder gilt dieses ‚Nein‘ auch wieder nur ‚bis auf Weiteres‘, bis die NATO-Arsenale wieder aufgefüllt sind und die Panzerproduktion ins Rollen gekommen ist?

Mal anders gefragt, an die Adresse der aufgeschreckten christlichen und regierenden Nein-Sager: Was haben die sich denn dabei gedacht, wenn sie über zwei Jahre Krieg lang nicht müde geworden sind, einen Sieg über Russland zu ihrer Sache – zum Herzensanliegen Deutschlands und folglich ungefragt zu unser aller Pflicht – zu erklären? Wenn sie über das enorme Maß der praktizierten indirekten Kriegführung des vereinigten Westens hinaus immer noch mehr Waffen, eine quantitativ und qualitativ schrankenlose Eskalation des Gemetzels herbei-gefordert haben? Wenn sie jede Erinnerung an die abschreckende Wucht der Atomwaffen Russ­lands als völlig übertriebene, weil grundlose Feigheit vor dem Feind ab­gewiesen haben?

Was auch immer sie sich gedacht haben und jetzt denken: Partei ergrif­fen haben sie erstens für Krieg. Zweitens für Krieg als Mittel, Russland fertigzumachen, um eine europäische Staatenordnung gemäß ihrer welt­politischen Räson durchzusetzen. Drittens für einen Krieg mit und auf Kosten der Ukraine als Werkzeug. Woraus zu schließen ist:

Mit seinem Vorstoß zum Einsatz europäischer Bodentruppen in der Ukraine macht Macron die Entscheidungssituation kenntlich, die in dem Kriegszweck des Westens enthalten ist und auf die der Krieg zusteuert: Ist der Sieg über Russland jetzt die viel und laut beschworene welt­politische Existenzfrage der NATO-Mächte – inklusive oder auch ohne USA – ? Oder macht der Westen eine russische Niederlage bis zuletzt zur Existenzfrage allein für Selenskyjs Ukraine?

Die Freiheit, diese Frage gemäß den strategischen Bedürfnissen des Westens zu beantworten, bedarf einer Voraussetzung, die in Deutschland erst noch her- oder jedenfalls fertiggestellt werden muss: Das liebe friedensverwöhnte Volk muss erstens militärisch aufgerüstet und zweitens darauf vorbereitet und eingestimmt werden, dass es sich das Projekt Kriegstüchtigkeit praktisch gefallen lässt und leitkulturell Gefal­len daran findet. Bis dahin gibt es noch einiges zu tun. Aber so wie die Rüstungsindustrie in Sachen Hardware, so arbeiten Politik und Öffent­lichkeit in Sachen Wille und Bewusstsein an einem Erfolg. Dabei gibt es im Bereich der moralischen Aufrüstung gegen Putins Reich des Bösen nichts wirklich Neues – allenfalls die frohe Aussicht, am Boom der Rüs­tungsaktien zu verdienen, wenn man genug Geld und den richtigen Ver­mögensberater hat. Ansonsten gibt es die seit zwei Jahren gewohnte Het­ze in immer neuen Auflagen.

Ein produktiver Beitrag zu nationaler Einsichtigkeit in der Kriegsfrage ist aus anderer Richtung zu verzeichnen: Wie die Gewalt des Guten mit einer blutigen Herausforderung durch das Böse fertigzuwerden hat, fer­tigwerden darf und muss, dafür bietet der Krieg Israels gegen die Hamas in Gaza ein aufbauendes Beispiel. Jedenfalls gemäß der hierzulande al­lein zulässigen Lesart: Ein terroristischer Überfall berechtigt, nein: ver­pflichtet die überfallene Staatsgewalt zur Anwendung von allem, was sie an Mitteln hat, und das ganz nach eigenem Ermessen. Opfer, auch wenn sie in die Zehntausende gehen, sind kein Einwand gegen den guten Zweck. Diese Einsicht ist im Sonderfall Israel für Deutschland zwar ein moralischer Sonderfall. Aber so besonders ist er dann doch nicht, dass er sich nicht auf den näher liegenden Fall Ukraine übertragen ließe: Auch dafür gibt er eine brauchbare Lehre her für den schlüssigen Zusammen­hang zwischen Staatsräson, Militärgewalt und gutem staatsbürgerlichem Gewissen. Man darf sich nur nicht durcheinanderbringen lassen, für wel­che Opfer das Stichwort Genozid noch zu schwach und für welche es ab­solut verboten ist.

 

Wann: Freitag, 5. April 2024, 18:00 Uhr
Wo: Institut Sozial- und Kulturanthropologie, Deutschhausstraße 3; Hörsaal 109, Marburg
Was: Diskussion mit einem Redakteur der Politische Vierteljahreszeitschrift GegenStandpunkt

Gruppe GegenSatz Marburg lädt ein zur Fortsetzung der Diskussion zum Thema:

Krieg in der Ukraine und anderswo – Blutige Lektionen über den Segen staatlicher Souveränität

Anläss­lich des Vor­trags vom 23.01.2024 (siehe: unten) zum o.g.Thema wol­len wir über fol­gen­des diskutieren:

Seit über andert­halb Jah­ren tobt in der Ukrai­ne ein Krieg: staat­li­che rus­si­sche gegen ukrai­ni­sche Gewalt in bekannt gigan­ti­schem Aus­maß. Deut­sche Außen­po­li­ti­ke­rin­nen haben die­sen Krieg – von dem sie per­ma­nent erklä­ren, dass er wegen eines Man­gels an deut­schem Waf­fen­nach­schub kei­nes­falls enden darf und wird – ihrem Volk vom ers­ten Tag an als mora­li­sche Sache vor­ge­legt: Russ­land ist schuld an der schlim­men Gewalt, die Ukrai­ne hat alles Recht, sich zu ver­tei­di­gen, also mit min­des­tens dem­sel­ben Maß an Gewalt zu antworten.

Argu­men­te dafür gibt es aller­hand. Die zie­len alle dar­auf, dass der Mensch sich gleich in Form der gewünsch­ten Ant­wort die Fra­ge vor­legt, wer von den bei­den in Kiew und Mos­kau resi­die­ren­den Kriegs­her­ren darf, was er tut, und wer nicht. Im Ernst soll man als der Wicht, der man bloß ist, sich in die Pose des Rich­ters über die Gewalt von Staa­ten bege­ben, die weit jen­seits des­sen liegt, wor­an man als Indi­vi­du­um prak­tisch mit sei­nem Urteil über­haupt her­an­reicht. Obwohl die längst und immer wei­ter statt­fin­den­de Gewalt belegt, dass sich deren staat­li­che Kom­man­deu­re vom eige­nen Urteil dar­über, ob man sie selbst erlaubt hät­te, wenn sie einen nur vor­her gefragt hät­ten, genau­so wenig abhän­gig machen, wie von der​„Ver­ur­tei­lung“, also dem ideel­len Ver­bot, das man ihnen noch nicht ein­mal förm­lich zustel­len kann.

Auf die ganz ver­kehr­te Fra­ge, ob Staa­ten ihre Krie­ge erlau­b­­ter- oder uner­laub­ter­wei­se gegen­ein­an­der füh­ren, gibt es dar­um auch in die­sem Fall aus­schließ­lich ver­kehr­te Ant­wor­ten. Die bestehen stets in dem Feh­ler, aus­ge­rech­net die poli­tisch begrün­de­te Gewalt von Staa­ten mit den Maß­stä­ben mensch­li­cher Moral­vor­stel­lun­gen und Emp­fin­dun­gen zu beur­tei­len, obwohl Men­schen nichts als die Manö­vrier­mas­se und das Ver­schleiß­ma­te­ri­al der krieg­füh­ren­den Höchs­ten Gewal­ten sind.

Ins­be­son­de­re soll dis­ku­tiert wer­den, was es mit fol­gen­den Stellungen/​Fragen auf sich hat, mit denen sich das öffent­li­che Mei­nen in Deutsch­land höchst ein­fühl­sam und kon­struk­tiv auf die aktu­el­len Krie­ge bezieht:

Wann: Dienstag, 06. Februar 2024, um 19.00
Wo: Seminarraum 201, Seminargebäude Pilgrimstein 12, Marburg

Diskussionsveranstaltung und Vortrag der Gruppe GegenSatz Marburg

Krieg in der Ukraine und anderswo – Blutige Lektionen über den Segen staatlicher Souveränität

Gastreferent: Prof. Dr. Egbert Dozekal
➪ Zum Vortragsmittschnitt

Wann: Dienstag, 23. Januar 2024, um 19.00
Wo: Raum 305, Seminargebäude Pilgrimstein 12, Marburg

Seit über anderthalb Jahren tobt in der Ukraine ein Krieg: staatliche russische gegen ukrainische Gewalt in bekannt gigantischem Ausmaß. Deutsche Außenpolitikerinnen haben diesen Krieg – von dem sie permanent erklären, dass er wegen eines Mangels an deutschem Waffennachschub keinesfalls enden darf und wird – ihrem Volk vom ersten Tag an als moralische Sache vorgelegt: Russland ist schuld an der schlimmen Gewalt, die Ukraine hat alles Recht, sich zu verteidigen, also mit mindestens dem- selben Maß an Gewalt zu antworten.

Argumente dafür gibt es allerhand. Die zielen alle darauf, dass der Mensch sich gleich in Form der gewünschten Antwort die Frage vorlegt, wer von den beiden in Kiew und Moskau residierenden Kriegsherren darf, was er tut, und wer nicht. Im Ernst soll man als der Wicht, der man bloß ist, sich in die Pose des Richters über die Gewalt von Staaten begeben, die weit jenseits dessen liegt, woran man als Individuum praktisch mit seinem Urteil überhaupt heranreicht. Obwohl die längst und immer weiter stattfindende Gewalt belegt, dass sich deren staatliche Kommandeure vom eigenen Urteil darüber, ob man sie selbst erlaubt hätte, wenn sie einen nur vorher gefragt hätten, genauso wenig abhängig machen, wie von der „Verurteilung“, also dem ideellen Verbot, das man ihnen noch nicht einmal förmlich zustellen kann. Auf die ganz verkehrte Frage, ob Staaten ihre Kriege erlaubter- oder unerlaubterweise gegeneinander führen, gibt es darum auch in diesem Fall ausschließlich verkehrte Antworten. Die bestehen stets in dem Fehler, ausgerechnet die politisch begründete Gewalt von Staaten mit den Maßstäben menschlicher Moralvorstellungen und Empfindungen zu beurteilen, obwohl Menschen nichts als die Manövriermasse und das Verschleißmaterial der kriegführenden Höchsten Gewalten sind.

Von der Natur dieses hohen Gutes, das so viele Leichen wert ist, handelt der Vortrag.

Diskussionsveranstaltung der Gruppe GegenSatz Marburg

Zur Lage der arbeitenden Klasse in Deutschland - Folgeveranstaltung von siehe unten

‚Die Lage der Arbei­ter­klas­se‘ – was soll das sein? Eine Geschichts­stun­de über das 19. Jahr­hun­dert, Man­ches­ter? Oder über die stol­ze Ver­gan­gen­heit des Ruhr­ge­biets mit sei­nen Koh­le­kum­peln? Oder über den unter­drü­cke­ri­schen Arbei­ter-und-Bau­ern-Staat im deut­schen Osten, den es längst nicht mehr gibt? Über­haupt: ​‚Arbei­ter‘? Wer heut­zu­ta­ge so daher­re­det, macht sich lächer­lich, outet sich als dog­ma­ti­scher mar­xis­ti­scher Roman­ti­ker. Denn jeder weiß doch: Die heu­ti­ge deut­sche Berufs­welt ist doch längst nicht mehr so Blau­mann-schmut­zig, son­dern modern, indi­vi­du­ell, digi­tal… eben unver­kenn­bar viel­sei­tig und bunt.

Und außer­dem ist sie doch ein­ge­bet­tet in ein gan­zes Sys­tem sozia­ler Errun­gen­schaf­ten, um das sich der deut­sche Staat und sein DGB ver­dient gemacht haben. Es gibt nicht nur einen armuts­fes­ten gesetz­li­chen Min­dest­lohn, son­dern auch lau­ter Schutz­rech­te, staat­lich ver­bürg­te Gleich­be­rech­ti­gung am Arbeits­platz, ein Recht auf Teil­zeit, man­cher­orts Über­stun­den­zu­schlä­ge, Zeit­aus­gleich und so wei­ter. Kann man ange­sichts so viel sozia­ler Markt­wirt­schaft über­haupt noch von ​“Kapi­ta­lis­mus” sprechen?

Wir mei­nen: Was denn sonst. Denn deut­li­cher als mit all sei­nen prak­ti­schen Betreu­ungs­leis­tun­gen kann der sozia­le deut­sche Staat sich über­haupt nicht dazu beken­nen, dass er es bei sei­nem Erwerbs­bür­ger­völk­chen mit einer lohn­ar­bei­ten­den Klas­se zu tun hat, die davon lebt und davon abhän­gig ist, sich für ihre Arbeit­ge­ber und deren Berei­che­rung sowie den Erfolg ​ “der Wirt­schaft” dienst­bar zu machen. Des­halb haben wir am Sozi­al­staat auch nicht erst zu kri­ti­sie­ren, dass er immer wei­ter zurück­ge­schnit­ten wird, son­dern wes­halb es ihn über­haupt braucht. Dar­über wol­len wir mit euch diskutieren.

Ort: Marburg, Neues Seminargebäude Raum 201, Pilgrimstein 12 (gegenüber Parkhaus)
Zeit: Dienstag, 14. November, um 19.00

Diskussionsveranstaltung der Gruppe GegenSatz Marburg
Vortrag und Diskussion mit einem Redakteur der Vierteljahreszeitschrift GegenStandpunkt:


Zur Lage der arbeitenden Klasse in Deutschland

"Die Lage der Arbeiterklasse" – was soll das sein? Eine Geschichtsstunde über das 19. Jahrhundert, Manchester? Oder über die stolze Vergangenheit des Ruhrgebiets mit seinen Kohlekumpeln? Oder über den unterdrückerischen Arbeiter-und-Bauern-Staat im deutschen Osten, den es längst nicht mehr gibt?

Überhaupt: "Arbeiter"? Wer heutzutage so daherredet, macht sich lächerlich, outet sich als dogmatischer marxistischer Romantiker. Denn jeder weiß doch: Große Industriebelegschaften in Blaumännern sind total out, sie sind kein passendes Bild für die heutige Berufswelt, denn die ist vor allem unverkennbar vielseitig und bunt.

Stimmt. Da verdienen Liefer-Helden und Digital Natives mit ihrem Laptop bzw. auf dem Fahrrad Geld, ganz frei und individuell. Es gibt Jobs für alle Kompetenzniveaus, persönlichen Vorlieben und auch für knappe Zeitbudgets, und jeder Posten steht allen Geschlechtern offen. In den Büros, den klassischen wie denen im eigenen Wohnzimmer, wird KI- und Cloud-gestützt gearbeitet, ohne antiquierte Stechuhr zu Vertrauensarbeitszeiten …

Und? Gibt es da etwa keinen gemeinsamen Nenner? Kennt den nicht auch jeder, irgendwie?

Die modernen Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisse hinter all dem bunten Lack und den vielen Buzzwords mögen alles Mögliche sein, in seltsamer Eintönigkeit sind sie vor allem ziemlich prekär. Das gilt denselben Leuten, die über die neuen digitalen Möglichkeiten so gerne staunen, inzwischen als so normal, dass ausgerechnet die biederen, bescheidenen Arbeits- und Lebensverhältnisse der Blaumänner aus dem vorigen Jahrtausend wie ein ferner Traum anmuten: „Diese Zeiten“, so hört man, mit lebenslanger Betriebszugehörigkeit, „Samstags gehört Vati mir“ und geregeltem Feierabend, sind für die Masse der erwerbstätigen Menschheit „nun mal einfach vorbei“. Wer sich heutzutage zur Stammbelegschaft in einem großen Industrieunternehmen zählen darf, um die sich nebenbei noch eine gewerkschaftliche Lobby kümmert, gilt da schon als jemand, der es gut getroffen hat …

Auf unserer Veranstaltung bieten wir eine abweichende Bilanz über die modernen Arbeitsverhältnisse in Deutschland und darüber, wie sehr die politische Obrigkeit in all ihrer Zuwendung – beispielsweise in der aktuellen Inflationslage – praktisch davon ausgeht, dass sie es bei ihrem Erwerbsbürgervolk nach wie vor mit einer lohnarbeitenden Klasse zu tun hat. Auch wenn von der niemand mehr etwas wissen will; am wenigsten die Betroffenen selbst.

Ort: Marburg, Neues Seminargebäude, Raum 305 (+3/0050), Pilgrimstein 12 (gegenüber Parkhaus)
Zeit: Montag, 30. Oktober, um 19.00

Diskussionsveranstaltung der Gruppe GegenSatz Marburg

Zum „Manifest für Frieden“ von Schwarzer/Wagenknecht:
Warum der Ruf nach Frieden nichts taugt

Im Februar 2023 rufen Sahra Wagenknecht, Alice Schwarzer und andere mit ihrem "Manifest für Frieden" zu einer Demonstration 2023 in Berlin auf. Die Autorinnen verurteilen den Krieg in der Ukraine im Namen seiner Opfer. Sie fordern seine sofortige Beendigung, weil er immer mehr Leben und Lebensgrundlagen zerstört und womöglich noch weitere, ganz Europa erfassende Kreise zieht. Das ist menschlich gedacht.

Politisch ist es gewollt blind. Denn immerhin sind sie mit drei Kriegsparteien konfrontiert, denen die Opferzahlen noch besser bekannt sind als ihnen und die allesamt Kriegsziele verfolgen, die ihnen die Leichen absolut lohnend erscheinen lassen. Die Kriegsziele von Russland, der ukrainischen Führung und des vereinten NATO-Westens machen die Verfasserinnen des Manifests aber gar nicht zum Gegenstand ihrer Kritik; mit denen legen sie sich nicht an. Ihre Absage gilt allein dem Krieg, der aus diesen Zielen folgt.

Über dieses "Manifest für Frieden" - nachzulesen unter www.change.org/p/manifest-für-frieden - wollen wir diskutieren.

Ort: Marburg, Neues Seminargebäude, Raum 010 (00/0100), Pilgrimstein 12 (gegenüber Parkhaus)
Zeit: Donnerstag, 05. Oktober 2023, um 19.00 Uhr

Diskussionsveranstaltung der Gruppe GegenSatz Marburg

Deutsche Klimapolitik ist imperialistische Energiepolitik

Der Klimapolitik der deutschen Regierungen wird seit Jahr und Tag von den Klimaaktivisten kein gutes Zeugnis ausgestellt: Die Zielsetzungen und Maßnahmen seien nicht ambitioniert genug, zu gering, zu spät, um der Klimakatastrophe wirksam zu begegnen. Die Regierung würde also insgesamt zu wenig für den Klimaschutz tun.

Die Politiker lassen sich einerseits gerne daran messen, dass es ihnen mit ihrer Energiepolitik um Klimapolitik ginge. Andererseits stellen sie klar, dass sie nur so gehen kann, wie und wozu sie sie beschlossen haben und mit den entsprechenden Gesetzen und Milliardenbeträgen auf den Weg gebracht haben; und zwar so:

„Erneuerbare Energien leisten nicht lediglich einen Beitrag zur Energiesicherheit und Versorgung. Erneuerbare Energien lösen uns von Abhängigkeiten. Erneuerbare Energien sind deshalb Freiheitsenergien“. (Christian Lindner im Bundestag, Bundestagsdebatte zum Ukraine-Krieg 2/2022)

Freiheit von was und wem? Freiheit von Abhängigkeiten: von wem? Warum ist das überhaupt von Bedeutung, wo doch andererseits der gemeinsame Kampf der Nationen gegen den Klimawandel hochgehalten wird.

Nun gilt es, die Energiewende massiv zu beschleunigen. Denn nur so gelingt langfristig eine günstige, unabhängige und sichere Energieversorgung, die gleichzeitig unser Klima schützt.“ (Klimafreundliche und krisensichere Energieversorgung, bundesregierung.de, 16.01.2023)

Warum muss die Energieversorgung sicher sein, bzw. gegenüber wem oder was muss die Sicherstellung erfolgen? Warum muss die Energieversorgung auch noch günstig sein? Sind das die Bedingungen, damit von Deutschland unser Klima geschützt wird?

„Für mich ist die Transformation hin zur Dekarbonisierung Teil einer Wachstums- und Fortschrittsagenda. Wenn wir es richtig anstellen, entstehen neue Beschäftigung, neue Exportchancen und neue Quellen des Wohlstandes.“

Von welcher Partei im Bundestagswahlkampf 2021 ist dieses Zitat?

Das ist die Klarstellung, die sich durch alle Parteiprogramme, die Klimarettung zum Inhalt haben, durchzieht: Auf das Wachstum kommt es an! Dem ist die Entwicklung der Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen untergeordnet, das Wachstum in Deutschland soll durch den Export deutscher Technologie in die ganze Welt bewerkstelligt werden.

Warum gibt es für Deutschland nichts Schlimmeres, als wenn diese Technologien aus China und den USA importiert würden? Warum soll man nicht jeden Fortschritt in der Entwicklung der Technologien zur Dekarbonisierung gut heißen? Es geht doch schließlich um die Rettung der Menschheit. Oder geht die nur so weit, wie die Dekarbonisierung unter den Bedingungen des Wachstums der gegeneinander konkurrierenden großen Nationen zustande kommt?

Diese Fragen sollen auf der Veranstaltung u. a. beantwortet werden.

Ort: Hörsaalgebäude, Raum 00/0080, Biegenstraße 14, Marburg
Zeit: Montag, 17. Juli 2023, 19:00 Uhr

Diskussionsveranstaltung der Gruppe GegenSatz Marburg

Letzte Generation, ein radikaler Aufstand des Gewissens

Die Letzte Generation  hat mit ihren diversen Störaktionen etwas erreicht, was sich hierzulande überhaupt nicht von selbst versteht: Sie hat Aufmerksamkeit erfahren, eine öffentliche Befassung mit ihr und ihrem Anliegen – bis hinein in die deutschen Leitmedien und sogar durch einige Parteifunktionäre von Rang und Namen. Sehr bald hat sich unter den vielen Rezensenten ein recht weitgehender Konsens gebildet:

1. Was die deutsche Politik in der Klimafrage betreibt, dürfen die Aktivisten ruhig schlecht finden – dafür haben die sogar gute Gründe.

2. Ihren Ärger darüber sollen sie ruhig publik machen, die Politik lauthals anklagen und für ihre Anklage auch Werbung machen – das ist ihr gutes demokratisches Recht.

3. Die praktische Missachtung ihrer Einwände haben sie sich gefallen zu lassen – das ist ihre demokratische Pflicht.

Der Rechtsstaat behandelt sie in Gestalt von Polizei und Justiz als Rechtsbrecher und bestraft die Aktivisten nach den einschlägigen §§. Mehr noch: Die ganze Organisation wird kriminalisiert und unter den Verdacht des Terrorismus gestellt.

Was ihr so auf allen Kanälen mitgeteilt wird, ist insofern eine erzdemokratische Tatsache: Das ausgeprägte Klimabewusstsein und die akute Angst dieser Aktivisten in allen Ehren, es steht ihnen schlicht nicht zu, über die Pflichten und Prioritäten der Politik zu entscheiden. Die zu irgendetwas zwingen zu wollen, und sei es bloß zu dem, wozu die sich irgendwann vertraglich verpflichtet hat: Dazu haben diese Leute nicht das Recht, denn dazu haben sie nicht die Macht. Die liegt bei den aktuellen Machthabern im Parlament und in der Regierung. Dort und nirgends sonst gehört sie hin; so will es das demokratische Verfahren.

Bei dieser Befassung mit der Letzten Generation, wo es hauptsächlich um die Zulässigkeit ihrer Protestformen geht, geht unter bzw. interessiert kaum jemanden, wie es um die Richtigkeit der Vorstellungen der Letzten Generation von Gesellschaft, Demokratie und Politik bestellt ist.

Einerseits kritisiert die Letzte Generation die Politik sehr prinzipiell:

„Wir sind erschüttert, dass Sie als Verantwortliche in diesem Land nicht einmal anstreben, das Notwendige zu tun, um diesen Kollaps des Klimas zu verhindern. Dass die Ziele, die Sie sich setzen, nicht mit der Realität vereinbar sind.“

Andererseits hat die Letzte Generation die Hoffnung, dass sie genau diese Politiker mit ihren Protesten gegen sie für das Anliegen der Letzte Generation einnehmen kann, dass die ihre bisherige Politik sein lassen und stattdessen den Kampf gegen die Klimakatastrophe zu ihrer höchsten Aufgabe machen:

„Deswegen wollen wir die Menschen in der Bundesregierung nicht besiegen, weder durch Worte noch durch Taten. Wir wollen ihnen die Hand reichen, damit sie ab jetzt ihrer Verantwortung vor der Verfassung nachkommen können.“ (letztegeneration.de/verfassungsbruch)

Nach dem Scheitern der Letzten Generation – ihr Anliegen wird von der Regierung abgewiesen bzw. in der Regierungsverantwortung als gut aufgehoben beschieden – will die Letzte Generation die Regierung doch noch dazu bringen, wozu es der – eigentlich – selbst ginge und wovor sie nach Auffassung der Letzten Generation versagt: die Klimakatastrophe zu verhindern.

„Die Regierung versagt darin, auch nur erste Sicherheitsmaßnahmen durchzuführen. Wir fordern einen Gesellschaftsrat. (…) Angesichts der existenziellen Bedrohung durch die Klimakatastrophe wollen wir, dass die Gesellschaft in einer Notfallsitzung zusammenkommt.
Wir fordern die Bundesregierung dazu auf, einen Gesellschaftsrat einzuberufen, der Maßnahmen erarbeitet, wie Deutschland bis 2030 die Nutzung fossiler Rohstoffe beendet.
Wir fordern, dass die Regierung, die mit den erarbeiteten Maßnahmen und Gesetzesvorhaben nötige Überzeugungsarbeit im Parlament leistet.
Wir fordern, dass die Regierung öffentlich zusagt, nach Verabschiedung der Gesetze diese in einer beispiellosen Geschwindigkeit und Entschlossenheit umzusetzen.“
(Ausschnitt aus letztegeneration.de/forderungen)

Die Letzte Generation fordert von der Regierung ihr Versagen einzugestehen und eine Institution einzurichten, die sie dazu bringen soll, ihren – von der Letzten Generation unterstellten – eigentlichen Willen und den eigentlichen Willen der Mehrheit der Bürger umzusetzen.

So ist die Idee eines Gesellschaftsrates ein Dokument des Misstrauens gegenüber den herrschenden Politikern und gleichzeitig ein Dokument des prinzipiellen Vertrauens in die Politik, den Staat und die Demokratie.

Darüber wollen wir mit euch diskutieren:
Was sind die Auffassungen der Letzten Generation zu Staat, Demokratie und Gesellschaft und was ist von ihnen zu halten?

Ort: Hörsaalgebäude, Raum +1/0120, Biegenstraße 14, Marburg
Zeit: Donnerstag, 29. Juni 2023, 19:00 Uhr

Diskussionsveranstaltung der Gruppe GegenSatz Marburg

Letzte Generation:

Ein radikaler Aufstand des Gewissens trifft aus das gute Gewissen der Herrschaft

Hat die Letzte Generation recht, wenn sie auf die Klimakatastrophe hinweist, auf deren dramatische Konsequenzen und die Dringlichkeit ihrer Bekämpfung?

Hat sie recht damit, dass die Regierung nicht entsprechend handelt; dass der ganze unter „Klimapolitik“ laufende Umbau der Wirtschaft nicht geeignet ist, das Überschreiten von Kipppunkten zu verhindern; dass die Regierung vielmehr mit ihrer Förderung des nationalen Geschäftswachstums laufend zur Zerstörung der globalen materiellen Lebensgrundlagen ihren gewichtigen Teil beiträgt?

Das ist einfach nicht die Frage, am wenigsten für die Letzte Generation selbst. Dass sie recht hat, ist ihr ganzer Ausgangspunkt: Wissenschaftlich ist das keine Frage mehr, gesellschaftlich gibt es keine entscheidende Fraktion, die das noch leugnen würde, keine Partei bis auf die AfD verzichtet auf Klimaschutz in ihrem Programm, und rechtlich sieht sie sich durch das Bundesverfassungsgericht, also letztlich durch die Verfassung selbst bestätigt: „Ob Klimaschutz gemacht wird oder nicht, steht nicht zur Debatte. Das ist durch unser Grundgesetz festgeschrieben.“ (siehe letztegeneration.de/verfassungsbruch).

Zugleich wissen ihre Aktivisten aus ein paar Jahren Klimaprotesten von ‚Fridays for Future‘ und anderen, dass es ihnen überhaupt nichts bringt, recht zu haben: Die Politik hat ihnen in ihrem Anliegen zur Menschheitsrettung eine praktische Absage nach der anderen erteilt; dazu hat sie sowohl den Willen als auch die Mittel.

Auch für die Politik und den Rechtsstaat ist es keine Frage, ob die Letzte Generation recht hat, allerdings nicht, weil das – wie für die Aktivisten – sowieso außer Frage stünde – sondern weil für sie der Inhalt des Protests keine Rolle spielt.

Dementsprechend begegnen die regierenden Politiker u.a. den Protesten der Letzten Generation:

„Wenn ich vor der Entscheidung stehe, ob ich keinen Klimaschutz, also weiter so bei der Kohleverstromung mache, oder ob ich mehr Klimaschutz mache, auch wenn es nicht die 100% sind, dann werde ich mich für mehr Klimaschutz entscheiden“ (Die Grünen- Vorsitzende Ricarda Lang auf tagesschau.de 16.1.2023)

„Und richtig war, die Gasmangellage, eine Energienotlage in Deutschland abzuwehren auch durch die zusätzliche Verstromung von Braunkohle und hinten raus den Kohleausstieg vorzuziehen.“
„Nein, ich finde den Protest, wie er jetzt aufgesetzt wird, nicht richtig. Wir setzen den Kohleausstieg im Westen 8 Jahre früher um und ich nehme an, die Bewegung, die jetzt in Lützerath demonstriert, erwartet von mir, dass ich ähnliches auch im Osten versuche“
(Habeck, im heute Journal, 11.1.23)

„Aber am Ende braucht ein politisches Ziel in einer Demokratie eine Mehrheit. Und dabei helfen Protestformen, die verärgern nicht wirklich... Hier erleben wir eine Radikalisierung der Wenigen. Das ist schlecht... Wer Klimapolitik aus einer Minderheitenposition heraus betreiben muss, hat schon verloren.“ (Robert Habeck im Stern 1.12.22)

Was heißt das? Die regierenden Politiker

dann räumen sie den Protest „diskursiv“ ab, was die Polizei dann für sie praktisch erledigt.

Darüber wollen wir mit euch diskutieren, insbesondere darüber, wie die maßgeblichen Politiker dem Protest der Letzten Generation gegenüber treten.

Ort: Hörsaalgebäude, Raum +2/0090, Biegenstraße 14, Marburg
Zeit: Mittwoch, 19. April 2023, 19:00 Uhr

Vortrag & Diskussion

Deutschland will den Krieg

Oder wie soll man das sonst verstehen, wenn täglich von Mitgliedern der regierenden Koalition der Krieg in der Ukraine zu unserer, also Deutschlands Sache erklärt wird? Wenn zu jeder Gelegenheit die Entsendung von mehr und schwereren Waffen aus Deutschland in die Ukraine gefordert wird und das auch in steigendem Umfang stattfindet? Wenn es regierungsamtliche Linie ist, die Ukraine in ihrer Kriegsführung dauerhaft zu unterstützen, solange sie das braucht?

Natürlich steht das alles unter dem Motto, es ginge darum, den Ukrainern zu helfen. Wobei denn?

Natürlich heißt der Zweck: den Krieg beenden. Aber welcher Staat führt denn Krieg, damit er nie aufhört? Für alle gilt die selbstverständliche Randbedingung, und die gilt erklärtermaßen für Deutschlands Beihilfe auch: Ein Ende gibt es nur zu unseren Bedingungen. Genau die Absicht, möglichst schnell ans Ende zu kommen, macht Kriege scharf und zieht sie in die Länge.

Natürlich will niemand explizit die anfallenden Opfer. Aber die auf der feindlichen Seite schon, sogar möglichst viele davon; wofür sonst wären die gelieferten Waffen gut? Und die Opfer auf der eigenen Seite, der ukrainischen in dem Fall, heißen Helden, sterben den Heldentod – ist das etwas anderes als ein Ja dazu?

Aber was gibt es da überhaupt zu beweisen? Deutschland nennt klar und deutlich sein Kriegsziel: Russland darf nicht gewinnen. Es soll dermaßen verlieren, dass es zu einer Kriegsführung der jetzigen Art nicht mehr in der Lage ist. Dazu will Deutschland beitragen, was dafür nötig ist und was es leisten kann. Und wenn das Monate oder sogar Jahre dauert.

Deutschland will den Krieg – bleibt gleichwohl die Frage:

Warum eigentlich?

Die offizielle Antwort besteht in der Zurückweisung der Frage. Mit der Benennung der Sache – „Putins grausamer Angriffskrieg“ – ist die Sache fertig: Wo DAS BÖSE zuschlägt, können DIE GUTEN nicht abseitsstehen. Für eine aufgeklärte Öffentlichkeit, die „einfache Antworten“ überhaupt nicht leiden kann, langt das. Nicht nur als Antwort, sondern für ein demonstratives, gerne aggressives Unverständnis, wie jemand da noch Fragen haben kann.

Der Standpunkt, der damit an die Stelle einer Antwort tritt, enthält einen moralischen Überschuss, der über den Krieg, den und wie Deutschland ihn will und führen lässt, deutlich hinausgeht: Man hat Moral genug für noch viel mehr davon. Man ist sich Angstfreiheit schuldig in der Atomkriegsfrage. Praktisch – und praktischerweise – natürlich auf Kosten der Ukraine bzw. ihrer Bewohner. Auf deren Kosten sind die Strack-Zimmermanns der Nation für so viel Krieg, dass die nationale Berechnung der Regierung bei ihrer antirussischen Kompromisslosigkeit glatt den Charakter der Zurückhaltung annimmt. Man ist nicht nur für den Krieg; man ist für mehr Krieg.

Bleibt gleichwohl die Frage: Warum? Wozu? Welchen nationalen Zweck, welche Staatsräson verfolgt Deutschland mit dem Krieg, den es will?

Eintriff frei!
Bitte beachten Sie die aktuell gültigen Coronaregelungen.
Bitte bleiben Sie bei Erkältungssymptomen zuhause.
Bitte tragen Sie zum eigenen Schutz und dem Anderer eine FFP2-Maske.

Referent: Prof. Dr. Egbert Dozekal, Ffm
Ort: Hörsaalgebäude, Raum +1/0120, Biegenstr. 14, Marburg
Zeit: Mittwoch, 11. Januar 2023, 19:00 Uhr
Veranstalter: Gruppe GegenSatz Marburg – Analyse & Kritik

Vortrag & Diskussion

Die Wohnungsfrage im Kapitalismus

Es herrscht akute Wohnungsnot. Wie immer mangelt es nicht an guten Vorschlägen, wie diesem Problem zu begegnen wäre: Aktivisten wettern gegen Auswüchse der Spekulation und Preistreiberei, die man politisch allemal verbieten oder bremsen könnte; progressive Parteien fordern einen Mietendeckel und sogar Enteignungen. Dann wären die Mieten vielleicht wieder bezahlbar. Eigentümergesellschaften und ihre freidemokratischen Interessenvertreter können vor so etwas nur warnen: Wenn man den Eigentümern Vorschriften macht und Fesseln beim Mietpreis anlegt, dann lohnen sich Investitionen in neue Wohnungen nicht mehr und unterbleiben deswegen; dann ist der Wohnraum knapp und dann – da kennen sie sich aus – steigen die Mieten doch nur noch weiter. Das Gegenteil – Abräumen der Schranken für ihr Geschäft – würde helfen, dann klappt’s vielleicht auch wieder mit dem Wohnen.

Man kann gar nicht sagen, in diesem Disput hätte eine Seite recht und die andere nicht. Recht haben sie beide in dem Sinne, dass genau so die politische Betreuung der Wohnungsfrage im Kapitalismus geht: Ermächtigung und Beschränkung als Hebel der Politik. Unrecht haben sie insofern, als das ausgerufene Problem weder so noch anders garantiert nicht ‚gelöst‘ wird. Denn wo Grund und Boden durch die Macht des Staates zu privatem Eigentum gemacht sind und als stattliche Einkommensquelle lizenziert werden, sind die Ansprüche des Grundeigentums so unhintergehbar wie unvereinbar mit den Wohnansprüchen eines in der Erwerbsarbeit eingehausten Volkes und den Erträgen aus dieser seiner Einkommensquelle.

Die ‚Wohnungsfrage‘ ist deswegen so alt wie der Kapitalismus selbst und ist als solche überhaupt nicht ‚zu lösen‘.

Allen erregten Gemütern, die das – mindestens für ihren Kiez – unmöglich glauben können, und allen, die ansonsten an einer Kritik der politischen Ökonomie des Grundeigentums interessiert sind, können wir das beweisen …

Eintriff frei

Ort: Marburg, KFZ, Biegenstraße 13 (im Erwin-Piscator-Haus)
Zeit: Dienstag, 14. Januar 2020, 19.00 Uhr
Referent: Ein Gastreferent der Zeitschrift GEGENSTANDPUNKT
➪ Zum Vortragsmittschnitt (Bremen)

Vortrag & Diskussion

USA vs. Venezuela

Impe­ria­lis­ti­sche Lek­tio­nen in Sachen Öl, Sou­ve­rä­ni­tät und Geld

In Sachen Öl:
Die hie­sige Öffent­lich­keit ist sich einig: In Vene­zuela hat eine grund­fal­sche Poli­tik ein „eigent­lich rei­ches Land“ in den Ruin getrie­ben. Aus­ge­rech­net der cha­vis­ti­sche Ver­such, das Land aus der Rolle des Öllie­fe­ran­ten für den ame­ri­ka­nisch domi­nier­ten Welt­markt zu befreien, soll also das Volk ver­armt und dem Land die „Zukunft“ geraubt haben.

Dage­gen beweist das Schei­tern die­ses Ver­suchs, mit den Ölein­nah­men Land und Volk auf­zu­hel­fen, wie wenig „reich“ das Land in Wahr­heit ist: „Öl“ ist kein Reich­tum in sei­ner Hand, son­dern wird allen­falls in den kapi­ta­lis­ti­schen Metro­po­len zu einem sol­chen. Darum ist nicht nur jeder Ver­such einer Umwid­mung in sich wider­sprüch­lich, son­dern wird von der Vor­macht des Welt­ka­pi­ta­lis­mus als Ver­bre­chen defi­niert, das sie zum Schei­tern verurteilt.

In Sachen Souveränität:
Die hie­sige Öffent­lich­keit ist sich einig: In Vene­zuela herrscht eine kor­rupte Mann­schaft, die nicht von der Macht las­sen will. Deren Inhalt und Zweck soll des­we­gen gleich in gar nichts ande­rem als Unter­drü­ckung beste­hen. Wes­we­gen auch die Anstren­gun­gen, ihr diese Macht zu neh­men, im Prin­zip in Ord­nung gehen.

In Wahr­heit ist es umge­kehrt: Die USA spre­chen der cha­vis­ti­schen Regie­rung die Legi­ti­mi­tät ab. Das kön­nen sie, weil ihnen ihre Macht das Recht dazu gibt: Als Vor­macht, die über den ande­ren Herr­schaf­ten steht, ent­schei­det sie darum auch über deren Recht und Unrecht. Die abso­lut und all­ge­mein gül­tige Mess­latte dafür ist ihr unbe­ding­ter Wille, eine eigen­mäch­tige Zweck­ent­frem­dung ihres Dol­lars und Welt­markts und den Kampf um natio­nale Eigen­stän­dig­keit gegen ihre Vor­macht­rolle nicht zu dul­den. Was für Latein­ame­rika heißt: Natio­nale Sou­ve­rä­ni­tät hat zusam­men­zu­fal­len mit deren Diens­ten an den USA. Ein Wider­spruch, eine Zumu­tung für sol­che Län­der? Sicher! Eine „unzu­läs­sige Ein­mi­schung“ der Welt­macht? Eher nicht, son­dern eine Lek­tion dar­über, wes­sen Mit­tel Dol­lar und kapi­ta­lis­ti­scher Welt­markt sind, wes­we­gen sie auch als Waffe der USA dafür tau­gen, auf „regime change“ zu bestehen.

Damit erle­digt sich aber auch die geschmäck­le­ri­sche Frage, ob und wie ernst es Trump meint mit der Wie­der­her­stel­lung von Demo­kra­tie und Legi­ti­mi­tät. Die wirk­li­che Sub­stanz der hier­zu­lande aus­gie­big gepfleg­ten Zwei­fel in die­ser Sache kommt ja auch gar nicht aus den Ansich­ten über die vene­zo­la­ni­schen (Un­)Rechtsverhältnisse, son­dern aus der Zumu­tung, die Trumps Venezuela­Politik für den impe­ria­lis­ti­schen Anspruch der euro­päi­schen Mächte darstellt.

Eintriff frei

Ort: Marburg, Hörsaalgebäude Biegenstr. 14, Seminarraum +1/0120
Zeit: Mittwoch, 20. November um 19:00 Uhr
Referent: Prof. Dr. Egbert Dozekal

Vortrag & Diskussion

Das Sys­tem der deut­schen Sozialversicherungen

Von den not­wen­di­gen und wenig bekömm­li­chen Leis­tun­gen des Sozi­al­staa­tes für die abhän­gig Beschäftigten

Sozialversicherungspflichtig beschäftigt? Herzlichen Glückwunsch!

Denn wenn man davon absieht,

und wenn man es gleichzeitig für ganz normal hält,

dann kann man es tatsächlich für ein Glück halten, dass man selbst zu denen gehört, um die sich der Staat mit seinen Versicherungen kümmert. Das erspart einem auch jeden Gedanken daran, warum er das und wie er das tut und was das alles über das wunderbare freiheitlichmarktwirtschaftliche System des Arbeitens und Arbeiten-Lassens verrät, das ohne eine gehörige Portion staatlich organisierter Zwangssolidarität offensichtlich nicht auskommt.

Und deswegen soll es auf unserer Veranstaltung genau darum gehen.

Referent: ein Redakteur der Zeitschrift GegenStandpunkt

➪ Zum Vortragsmittschnitt

Diskussionsveranstaltung der Gruppe GegenSatz Marburg

Lektionen, die die Politik dem Klima-Protest erteilt

Anlässlich "Fridays For Future" laden wir zur Diskussion über den offenen Brief an die "Fridays for Future"-Bewegung ein:

Offener Brief an die "Fridays for Future"-Bewegung

Liebe Protestgemeinde!

1.
Dass die Zustimmung, die euch in der deutschen Öffentlichkeit und aus der Politik entgegenschlägt, nichts wert ist, werdet ihr selber schon gemerkt haben. Ihr werdet beachtet – und eingemeindet. Von Leuten und Instanzen, die in einem ganz anderen als einem theoretischen Sinn ‚etwas zu sagen haben‘; die nämlich mit dem, was sie sagen, teils mehr, teils weniger Macht ausüben – und mit dem Gebrauch ihrer Macht für genau die Zustände sorgen, gegen die ihr protestiert. Eingemeindet in eine öffentliche Debatte, deren Irrelevanz für den praktischen Gang der Dinge ihr zur Genüge erfahrt.

Es ist nicht bloß die hohe Kunst der Heuchelei, mit der ihr da – mal wieder – Bekanntschaft schließen dürft. Bemerkens- und bedenkenswert an den vielen heuchlerischen Grußadressen an euren Protest sind die Titel, die Gesichtspunkte, die großen Werte, unter denen ihr mit euren Demonstrationen gut gefunden werdet. So großartige Leerformeln wie "die Zukunft", "unser Planet", "kein Planet B", "die Natur", "die Menschheit" etc. pp. sind nicht bloß dafür gut, sie sind auch einzig und allein dazu da, über alle wirklichen Interessen und Interessengegensätze hinweg eine ganz tiefe und eigentliche Einigkeit vorzuspiegeln: einen übergreifenden, irgendwie verbindlichen gemeinsamen guten Willen. Der wird euch bescheinigt, wenn man solchen Parolen wie "…weil ihr uns die Zukunft klaut!" applaudiert. Und damit wird euch unter der Hand ein ganz mieses Tauschgeschäft angetragen: Großzügig wird anerkannt, dass ihr es doch gut meint – gut eben im Sinne eines höheren, unbezweifelbaren Werts –; dafür beanspruchen die, an und gegen die euer Protest sich richtet, ganz bescheiden die gleiche Anerkennung, nach dem Motto: "So gut wie ihr meinen wir es auch/schon lange/sowieso…!" (Und sie könnten sogar anschließen: Wo habt ihr eure Parolen denn her – wenn nicht von uns: "Zukunft", "Menschheit" und der ganze Rest!)

Das kann man also aus dem positiven Echo auf euren Protest lernen: Die Ideale einer intakten Welt, für die ihr euch starkmacht, sind nichts wert, weil sie sich über die wirklichen Machtinteressen und die damit verbundenen Gemeinheiten vornehm erheben und eine Gemeinsamkeit im Guten beschwören, die es nicht gibt – und die eben so hoch und vornehm und erhaben ist, dass sie von allen Seiten, aus entgegengesetzten Positionen und von den feindlichsten Parteien beschworen werden kann. Und auch beschworen wird; denn darin liegt der Wert der höheren Werte.

Das gilt entsprechend für das andere Kompliment, das ihr euch einhandelt: Ihr wärt die besorgte Jugend – politisch engagiert und viel besser als ihr Ruf: diese primitive Art der Vereinnahmung braucht man euch wohl nicht erst zu erklären! – und hättet mit der Forderung nach einer besseren Zukunft schon deswegen recht, weil ihr noch viel mehr davon vor euch habt als die Alten, denen ‚der Klimawandel‘ nichts ausmacht, weil sie mit einem Bein schon im Grab stehen. Man gibt euch recht, nicht weil ihr ein wichtiges Anliegen habt, das eure Sympathisanten und überhaupt die allermeisten Menschen aus begründetem Eigeninteresse zusammen mit euch durchkämpfen sollten, sondern weil man euch als besondere Gruppe mit einem eigenen Anspruch auf Würdigung und Respekt anerkennt. Als ‚Schüler und Studenten‘, als ‚die Jugend‘, womöglich als ‚Nachwuchs der Nation‘ lässt man euch, wohlwollend, protestieren: als speziellen gesellschaftlichen Stand, dem man – so wie allen anderen – spezielle Interessen konzediert. Auch das ist eine perfekte Abstraktion von der Sache, für die ihr euch – nehmen wir an – starkmachen wollt.

2.
Von welchen wirklich herrschenden Interessen und real existierenden Machtverhältnissen auf die Art abgesehen wird – sei es im Namen großer fiktiver Gemeinschaftsanliegen, sei es um eurer respektablen Identität als ‚die Jugend‘ willen –, das könnt ihr dem negativen Echo entnehmen, das euch und eurem Protest ja auch nicht zu knapp entgegenschallt. Natürlich strotzt das von reaktionärer Dummheit; aber wenn es bloß das wäre! Wenn die Dame von der AfD euren Protest für unbeachtlich erklärt, weil ihr noch nie eine Stromrechnung bezahlen musstet, oder wenn der junge Mann an der CDU-Spitze, gemeinsam mit den sozialdemokratischen Oberlehrern der Nation, euch ermahnt, erst einmal fleißig zu lernen, bevor ihr ‚auf die Straße‘ geht, dann könnt ihr merken, wie leicht der Ehrentitel ‚Jugend‘ – "Wir als Nachwuchs des Landes verdienen Gehör!" – sich umdrehen lässt: Der ehrenwerte Stand, als der man beachtet werden will, ist zugleich nur ein Stand unter vielen, hat seine Grenzen und außerdem seine vergleichsweise schwachen Seiten, kann also bestenfalls als eine Stimme unter vielen zählen und verdient allenfalls eine sehr bedingte Anerkennung. Wenn ihr dann zu hören kriegt, dass es doch ‚auch‘ auf die Arbeitsplätze in der Kohle- und Autoindustrie ankommt, die durch konsequenteren Klimaschutz in Gefahr gerieten, und auf die Konkurrenz mit anderen – natürlich noch viel schmutzigeren – Ländern, in der die eigene Nation ohne rücksichtslose Industriepolitik ins Hintertreffen gerät, dann ist das eine weitere sehr aufschlussreiche Lektion. Nicht in dem Sinn, dass man vor solchen Hinweisen strammstehen und die eigenen Interessen – und die Argumente, wenn man welche hat – gleich relativieren müsste. Zur Kenntnis nehmen sollte man stattdessen, mit welchen machtvollen Interessen und mit welchen Machtverhältnissen man sich tatsächlich schon dann anlegt, wenn man es mit Einwänden gegen die fortschreitende Ruinierung ganz vieler natürlicher Lebensbedingungen auch nur ein bisschen ernster meint als die Prediger im Feuilleton. Dann bekommt man es nämlich nicht mit einer Unterlassung zu tun, mit einem mangelnden guten Willen der politisch und ökonomisch Verantwortlichen. Die machen selber deutlich, und zwar mit ihrem "Nein!" zu eurem Protest wie mit ihrem "Ja, aber", dass die Welt, für die sie ‚die Verantwortung tragen‘, über die sie also die Regie führen, etwas ganz anderes ist als ein Stück missbrauchte oder vernachlässigte Natur. Nämlich ein globaler Markt, auf dem es in mehrfachem Sinn ums Geld geht, eingerichtet und aufrechterhalten durch Staaten, die mit ihrer Gewalt – in Konkurrenz gegeneinander, deswegen manche mit überhaupt nicht umwelt- und klimafreundlichen Atomwaffen – für die dazu passende Ordnung Sorge tragen. Mit all den sachdienlichen Hinweisen aus berufenem Munde wird euch doch erklärt, welchen Stellenwert menschliche Interessen, und zwar jeglicher Art, in diesem System haben.

3.
Ob ihr mit eurem Protest überhaupt an dieses System rühren wollt, darauf passt die zuständige öffentliche Gewalt, da könnt ihr sicher sein, sorgfältig auf. Einstweilen müsst ihr noch keine schlimmere Zurechtweisung erleben als den Rückverweis in den Freitagsunterricht. Die nächste Eskalationsstufe lauert da aber schon, wird zum Teil auch schon angekündigt – und von einigen von euch offenbar auch schon defensiv vorweggenommen: Wenn es mit dem Protestieren nicht aufhört, sondern, Gott bewahre, schlimmer wird, dann setzt es die Gewaltfrage. Das schöne freiheitliche Recht gibt genügend Gesichtspunkte her, um Proteste, die auch nur entfernt auf Durchsetzung eines Anliegens zielen, ganz praktisch, nämlich mit hoheitlich monopolisierter Gewalt darauf aufmerksam zu machen, dass die Durchsetzung, welcher Anliegen auch immer, ohne Wenn und Aber der öffentlichen Gewalt zu überlassen ist. Also der politischen Herrschaft, die den ganzen Laden so regelt und erhält und stabilisiert und gegen Anfechtungen schützt, wie er ist, und als das, was er ist: eine mehrstufige Konkurrenzschlacht um Macht und Geld.

Das ist freilich ein anderes Thema. Eines, das über die Sache mit dem Klima deutlich hinausgeht. Um das man als aufrechter Klimaschützer aber auch nicht ganz herumkommt. Außer man lässt sich vereinnahmen, von den Profis dieser Konkurrenz, die sich für ihre Sache so gerne mit ein bisschen jugendlichem Idealismus schmücken.

Wir laden zur Diskussion über diesen offenen Brief ein!

➪ Thesenpapier "Klimapolitik 2019: Schlecht gemachte Menschheitsrettung oder imperialistische Energiepolitik?"


Lesetipps zum Thema:

➪ Weltklimagipfel „gescheitert“   GegenStandpunkt 1-10
➪ Leserbrief zum Artikel in 1-10   GegenStandpunkt 3-10
➪ Imperialistische Konkurrenz um die lohnende Rettung des Weltklimas   GegenStandpunkt 1-14
➪ Die Konkurrenz um das wachsende Geschäft mit alternativen Energiequellen
muss unvermindert weitergehen – das schuldet die Völkergemeinschaft der
Rettung des Weltklimas
  GegenStandpunkt 1-16
➪ Trump sagt den Klimawandel ab   GegenStandpunkt 3-17

Vortrag & Diskussion

Referent: Ein Redakteur der Politischen Vierteljahreszeitschrift GegenStandpunkt

US-Sanktionen gegen Iran und alle anderen:
Der neue Dollarimperialismus nutzt und verdrängt den alten

Die US-Führung kündigt den Atomdeal mit Iran. Der Grund für ihr Ärgernis liegt weniger im Atomprogramm Irans als in dessen berechnendem Verzicht darauf. Denn alles, was die Unterzeichnermächte dem Iran für seinen Verzicht auf die Atombombe zugestanden hatten: die bedingte Lockerung der ökonomischen und militärischen Vernichtungsdrohung gegen das iranische Regime und die widerrufliche Neuzulassung des Landes zum Weltmarkt – erklärt die neue US-Regierung im nachhinein zur unverzeihlichen Schwäche der USA vor einem Feindstaat und vor den anderen Beteiligten – Rivalen und Verbündete schließt das gleichermaßen ein. Ein Sanktionsregime wird von den USA verhängt, das die ökonomischen Grundlagen des Feindstaats zerstören soll, damit die Quelle seiner Macht – und das alle Firmen und Staaten bedroht, die sich nicht an diese US-Vorgabe halten.

Damit wird eine Kündigung viel prinzipiellerer Art vorangetrieben: die der alten, im europäischen Rückblick beschönigend „regelbasiert“ genannten Weltordnung. Diese neue Linie Amerikas fängt sich den Vorwurf ein, mit Trump ziehe statt allseitig nützlicher Zusammenarbeit für eine friedliche Welt nun egoistischer Nationalismus, gar „Dollarimperialismus“ in die Welt ein. Das kann so nicht sein und wirft Fragen auf. Woher hat der US-Dollar die überlegene Macht, die Trump jetzt so rücksichtslos als Waffe einsetzt – doch wohl aus der bisher geltenden Weltordnung? Wenn Trumps Art, den US-Imperialismus mit Sanktionsregimen und Kriegsdrohungen voranzutreiben, auf die Stellung der USA in der bis gestern geltenden Weltordnung zurückgreifen kann – was verrät das über den politökonomischen Zustand der Welt und ihrer Konkurrenten? Und welche Veränderung bezweckt und bewirkt der neue Dollarimperialismus, der nicht nur auf die erklärten Feinde wie den Iran zielt, sondern auf alle ambitionierten Mächte in der internationalen Konkurrenz um ökonomische und strategische Macht?


Lesetipps zum Thema

Anmerkungen zur Kündigung des Atomabkommens mit Iran durch D. Trump (Gegenstandpunkt 2-18)
Der US-Präsident kündigt den Atomdeal mit Iran, der auch und gerade in Deutschland als Meisterwerk europäischer Diplomatiund Vermittlungskunst gefeiert wird. Im Artikel klärt die Redatktion des GegenStandpunkes darüber auf, dass dieser Vertrag ein durch und durch imperialistisches Machwerk war, mit dem von Beginn an alle Parteien komplett entgegengesetzte Interessen verfolgt haben. Der Artikel beantwortet außerdem nicht nur, was Trump an diesem Deal so abgrundtief schlecht findet. Er erklärt zugleich, was die europäischen Mächte an Trumps Kündigung so stört: Trump weist – einmal mehr – ihren Anspruch zurück, an der Seite der USA als „der Westen“ den Globus zu ordnen.

Der islamische Fundamentalismus (Gegenstandpunkt 1-95)
Die modernen Formen des religiösen Wahns: Die „Schafsnatur“ des Christenmenschen, seine kapitalistische Heimat und die fundamentalistischen Kritiker des Staates im Namen Allahs. Algerien und Iran als Fallbeispiele.

‚American leadership‘ im Fall Iran: Die Erledigung einer Hauptgefahr für die US-Weltordnung (Gegenstandpunkt 2-12)
Mit der Politik des Iran stehen die Durchsetzungsfähigkeit der Weltmacht und damit die weltordnerische Wirksamkeit ihrer militärischen und ökonomischen Macht in mehrfacher Hinsicht vor einer Bewährungsprobe:
Die Islamische Republik Iran entzieht sich seit 1979 amerikanischem Einfluss und setzt ihre eigene Staatsräson dagegen. Der Erfolg der Revolution, die mit dem Sturz des Schah und seiner Günstlinge der „Fremdherrschaft über die Wirtschaft des Landes“ und der Verwestlichung der Sitten des Landes ein Ende setzen wollte, ist in Gestalt eines Gottesstaats gesichert worden. Der lebt zwar nach wie vor von Öleinnahmen, besteht aber darauf, seine Macht nicht wie der Vorgänger den USA, sondern einem anderen höheren Wesen zu verdanken. Dementsprechend hat er sich die Befreiung aus den Fängen der Weltmacht und Eigenständigkeit ihr gegenüber in allen Belangen zum Programm gemacht. Den staatlichen Nutzen verfolgt er nach seiner Räson: Mit dem Öl soll eine eigene Ökonomie und ein Staatswesen neuer Art aufgebaut werden, das nicht westlichem Vorbild folgt, sondern die religiöse Versittlichung der Gesellschaft in Angriff nimmt. Damit ist den USA das Recht auf Einmischung auf allerhöchster Ebene, deren Werten die Allgemeingültigkeit bestritten. Von diesem Sendungsbewusstsein getragen, wendet sich der Staat nach außen, sagt Amerika und seinen Verbündeten den Kampf an und sucht sich für sein Anliegen Bündnispartner. Er versucht, in der Region Einfluss zu gewinnen: indem er prowestliche arabische Machthaber zu willfährigen US-Lakaien erklärt, in deren Ländern Unruhe stiftet – ein Beispiel: die Besetzung der Großen Moschee von Mekka 1979 – bzw. damit droht und unterdrückte schiitische Minderheiten unterstützt; indem er die US-Hinterlassenschaften in Irak und Afghanistan nicht ihrem Schicksal überlässt, sondern nach Kräften betreut; und vor allem: indem er gegen den „Zionismus“ agitiert und verschiedene palästinensische Gruppierungen unterstützt. Sein Präsident nimmt es sich heraus, in der UNO die Staatenwelt gegen Israel und zu mehr Anti-Amerikanismus aufzuhetzen. Und schließlich nimmt Iran auch noch Einfluss auf die Preisgestaltung und die Förderpolitik der OPEC.

Diskussionsveranstaltung

mit Redakteuren der Politischen Vierteljahreszeitschrift GegenStandpunkt

Chemnitz, Köthen und kein Ende …
Die Fehler des rechten Denkens und die verkehrte Kritik daran

Was spricht eigent­lich gegen diese Stand­punkte? Die anti­rech­ten Gegen­pa­ro­len jeden­falls nicht:

Aber viel­leicht spricht ja etwas ande­res für die welt­of­fene Hei­mat­liebe; dann wüss­ten wir gerne, was.

Über Die Feh­ler des rech­ten Den­kens und die ver­kehrte Kri­tik daran dis­ku­tie­ren wir mit allen Interessierten.

Vortrag und Diskussion

Die EU in Zei­ten von „Ame­rica first!“: Das Kon­kur­renz­pro­jekt „Europa“ in der Krise

Und so wei­ter und so fort.

Das sind die gän­gi­gen Sprach­re­ge­lun­gen der pro-​europäischen Mehr­heit der herr­schen­den Poli­tik im Lande Sie haben den Vor­teil größ­ter Ein­deu­tig­keit – bezüg­lich der Par­tei­nahme für „Europa“ näm­lich, von der sie ganz selbst­ver­ständ­lich aus­ge­hen. Ein paar Fra­gen wer­fen sie aber auch auf:

Unsere zen­trale These dazu lau­tet: Wenn die Zustän­di­gen der euro­päi­schen Füh­rungs­macht Deutsch­land ange­sichts von Trumps ‚Ame­rica first‘-Politik eine Besin­nung auf „gemein­same Inter­es­sen und die Ver­ant­wor­tung Euro­pas für die Welt“, also die neue Dring­lich­keit des euro­päi­schen Zusam­men­halts beschwö­ren – dann neh­men sie mit ihrem Pro­jekt ‚ver­ein­tes Europa‘ Maß an der Vor­macht der USA und sehen sich her­aus­ge­for­dert, den von ihnen geführ­ten Staa­ten­block als Waffe für die Kon­kur­renz gegen die ame­ri­ka­ni­sche Welt­macht voranzubringen.

Vortrag und Diskussion

Der Kampf gegen den Klimawandel: Imperialismus – sonst nichts!

Wegen des Klimas kümmern sich verantwortungsbewusste Staatenlenker um eine Neuausrichtung ihrer Energiepolitik, so hört man.

Entziehen kann sich dem keiner, weil doch alle vom Klimawandel betroffen sind – beweisen sollen das steigende Meeresspiegel und kräftigere Hurricanes.

Wir halten beides für verkehrt. Klimapolitik betreiben die Staaten wegen des internationalen Anspruchs ihrer Energiepolitik. Von der machen sie sich wechselseitig betroffen und versuchen deshalb, Abhängigkeiten zu stiften, denen kein Partner entkommt. Schöner als in das „Menschheitsproblem Klima“ kann man diesen weltpolitischen Anspruch nicht verpacken.

➪ Zum Vortragsmittschnitt

Einladung zur kritischen Diskussion – Eintritt frei

VW-Skandal und Dieselaffäre

Teil 1: Woher kommt die Macht der deutschen Autoindustrie, die die Politik kontrollieren soll?


Teil2: Umweltauflagen – Konkurrenzmittel der Autoindustrie

Im Herbst 2015 erwischt die US-Umweltbehörde einen VW-Diesel mit dem 30-fachen der vom US-Umweltrecht erlaubten Stickoxid-Menge. Im Sommer 2017 wird in Deutschland ein Autogipfel anberaumt, den Politik und Indust-rie für dringend nötig halten, weil das „Vertrauen“ in die deutsche Schlüsselindustrie und damit in den Industrie-standort überhaupt beschädigt ist.

Um wessen „Gesundheit“ soll man sich da Sorgen machen?

Die Nation ist sich einigermaßen einig, dass als Grund der Malaise auf Seiten der Vorzeigeindustrie beispielloses „Fehlverhalten“ bzw. „Versagen“ inklusive „krimineller Energie“ vorliegt, begleitet von großen „Versäumnissen“ der Regierung wegen „zu großer Nähe“ zur Industrie, so dass die nötige Kontrolle und Aufsicht über die Automanager durch verantwortliche Politiker fehlt.

Wo kommt bloß die Macht und Wirksamkeit der deutschen Autoindustrie her, die die deutsche Politik kontrollieren soll?

All die Vorwürfe münden einsinnig in Plädoyers für den zukünftigen Erfolg dieser Industrie, schließlich hängt das Wohl der ganzen Nation davon ab, bilanziert in den Millionen Arbeitsplätzen. Diesen Schluss ziehen alle - Politiker, Öffentlichkeit, Arbeiter-Organisationen - aus der Abhängigkeit des nationalen Lebensprozesses von dem deutschen Industriekomplex „Automobil“.

Worin besteht diese Abhängigkeit und was spricht für sie?

Auf unserer Veranstaltung am Dienstag, 20. März, soll es vor allem auch um folgende Fragen gehen:

Vortrag und Diskussion

Das bedin­gungs­lose Grund­ein­kom­men: Ein Rezept gegen unzeit­ge­mäße Armut?

Das ‚bedin­gungs­lose Grund­ein­kom­men‘ und sein unheim­li­cher Freun­des­kreis bewei­sen:
Der Kapi­ta­lis­mus ist ein­fach unverbesserlich!

Referent: Ein Redakteur der Zeitschrift GegenStandpunkt

Linke Ver­tre­ter der Idee mei­nen, dass die Armut, die in unse­rer Markt­wirt­schaft Marke BRD hei­misch ist, ange­sichts beein­dru­cken­der Waren­berge und Pro­duk­tiv­kräfte eigent­lich über­flüs­sig und die Mög­lich­keit ihrer glück­li­chen Über­win­dung des­we­gen mit Hän­den zu grei­fen ist: Mit der pas­sen­den Dosis Umfair­tei­lung wol­len sie dem Kapi­ta­lis­mus die Bedro­hung durch Armut abhan­deln, die so vie­len sei­ner Insas­sen zu schaf­fen macht.

Sol­che wohl­mei­nen­den Ideen fan­gen sich seit jeher von den ide­el­len wie den wirk­li­chen Sach­wal­tern der ‚herr­schen­den Zustände‘ mit dem Ver­weis auf eben diese ‚herr­schen­den Zustände‘, die ‚nun mal‘ so sind, wie sie sind, ihren anti­kri­ti­schen Kon­ter ein: Sie bei­ßen sich an der unum­stöß­li­chen markt­wirt­schaft­li­chen Rea­li­tät ein­fach die Zähne aus und ihre Ver­tre­ter bla­mie­ren sich als rea­li­täts­ferne Träu­mer – was ganz selbst­ver­ständ­lich für die ‚Rea­li­tät‘ und gegen die Ver­bes­se­rungs­ideen spre­chen soll.

Doch mitt­ler­weile hat das bedin­gungs­lose Grund­ein­kom­men neue, mäch­tige Freunde gewon­nen: In Davos und anderswo wird der Vor­schlag von Indus­trie­ka­pi­tä­nen und Kon­zern­vor­stän­den selbst­be­wusst auf­ge­grif­fen und als Ant­wort auf die ‚Pro­bleme‘ ihrer schö­nen neuen ‚Arbeits­welt 4.0‘ ins Spiel gebracht – die sie in den gol­de­nen Zei­ten digi­ta­li­sier­ter Welt­markt­kon­kur­renz mit­tels Mas­sen­ent­las­sun­gen und Nied­rig­löh­nen auch wei­ter­hin tüch­tig her­zu­stel­len geden­ken.

Und auch die Poli­tik denkt über das Grund­ein­kom­men nach; dar­über näm­lich, ob es nicht ein zeit­ge­mä­ßer Ersatz für die ein oder andere kom­pli­ziert kon­stru­ierte Sozi­al­kasse sein könnte – und kün­digt damit an, sich macht­voll um alle Pro­bleme zu küm­mern, die ihr aus Armut und Exis­tenz­not erwach­sen, mit denen sie auch in Zukunft ganz fest rech­net. Aus­ge­rech­net am berech­nen­den Gequat­sche von Unter­neh­mern und Poli­tik über das Grund­ein­kom­men wäre also zu ler­nen, wie ver­bis­sen die Macher des Kapi­ta­lis­mus dar­auf beste­hen, dass Armut und Wachs­tum untrenn­bar zusam­men­ge­hö­ren.

In die Debatte, ob die schöne Idee des bedin­gungs­lo­sen Grund­ein­kom­mens durch die unver­hoffte Schüt­zen­hilfe nun end­lich mög­lich oder in den ‚fal­schen Hän­den‘ miss­braucht wird, mischt der Vor­trag sich nicht ein. Der Vor­schlag ist weder zu beschei­den, noch unrea­lis­tisch und schon gar nicht men­schen­ge­recht – son­dern ein ein­zi­ger, fata­ler Irr­tum über den Cha­rak­ter von Arbeit und Reich­tum in die­ser Gesellschaft.

Vortrag und Diskussion

Wer ver­dient warum wieviel?

Gegen das mora­li­sche Rech­ten um Einkommensunterschiede

Wer Antworten haben will auf Fragen wie:

... der wird sich auf unserer Veranstaltung schlecht bedient finden. Wir können nämlich die Debatten über die (Un-)Gerechigkeit von Einkommen und ihren Unterschieden nicht ausstehen.

Denn die Rechts- oder Unrechtsurteile, die da gefällt werden, sind erstens praktisch belanglos.
Zweitens sind sie theoretisch beliebig: Gegen jede Beschwerde über Ungerechtigkeiten beim Einkommen gibt es garantiert eine passende Verteidigung, die genauso logisch oder unlogisch ist.
Und drittens wird bei solchen Debatten die einzige Frage nie gestellt, die wirklich fällig wäre: Warum passen Beruf und Einkommen für so viele Leute so schlecht zu den Notwendigkeiten und Freiheiten, die das Einkommen, erworben durch Einsatz von Lebenszeit und -kraft, doch bezahlen muss und soll?

Können wir eine Alternative bieten? Ja!

Erstens die abschließende Kritik des Vorurteils, letztlich müsse doch irgendwie zu haben und zu finden sein, was keine praktische Erfahrung jemals bestätigt oder belegt hat: eine echte, logisch und moralisch nachvollziehbare Entsprechung von individueller Tätigkeit und Bezahlung.
Und zweitens ein paar Hinweise darauf, für welche Dienste woran die Bewohner der Marktwirtschaft - vom Minilöhner bis zum Manager - ihr Geld tatsächlich kriegen.